Geschichte und Konzept der Gedenkarbeit des Dekanats
Hier wird vor allem der Weg zur Gründung der Arbeitsgemeinschaft Gedenken des Dekanates Schweich -Welschbillig und ihre Arbeit beschrieben, deren Frucht auch die vorliegende Website ist.
Die Gedenkarbeit im Raum der Verbandsgemeinde Schweich konnte insbesondere auf die Früchte des Engagements von zwei Schweicher Persönlichkeiten aufbauen, die wesentliche Fundamente für die Gedenkarbeit gelegt haben. Die Rede ist von Georg Wagner (1922 -1990) und Josef Rohr.
Georg Wagner hat durch seine historischen Forschungen zum ehemaligen jüdischen Leben in der Region und seine Kontakte zu jüdischen Männern und Frauen, die vor der Vertreibung durch den Nationalsozialismus Bürgerinnen und Bürger von Schweich waren, eine umfangreiches Wissen geschaffen und dokumentiert.
Josef Rohr, von 1983 bis 1994 Bürgermeister der Stadt Schweich, hat ebenfalls Kontakte zu jüdischen Bürger innen gepflegt, die vor der Vertreibung und Flucht in Schweich gelebt haben. Dass die ehemalige Synagoge in Schweich heute nach ihrer Neueröffnung als Kulturstätte im Jahr 1989 ein würdiger Ort der Erinnerung ist, immer noch erkennbar als ehemaliges jüdisches Gotteshaus , ist ganz wesentlich Verdienst seiner Bemühungen als Bürgermeister von Schweich. Der Wiedereröffnung der ehemaligen Synagoge als Kulturstätte ist auch eine Tafel der dortigen Dauerausstellung gewidmet. Die Wiederöffnung war mit einer entsprechenden Festschrift verbunden.
Josef Rohr und Georg Wagner haben gemeinsam dafür gearbeitet, dass es heute in Schweich mit der ehemaligen Synagoge und dem alten Jüdischen Friedhof Erinnerungsorte gibt, die von der Stadt Schweich gepflegt werden, und an deren sichtbarer Gegenwart Gedenkarbeit anknüpfen kann. Josef Rohr hat auch Schweicher Schülerinnen ein langes Interview zum jüdischen Leben in Schweich gegeben.
Bereits ehe das Dekanat Schweich – Welschbillig ab Herbst 2008 begann, die Gedenkarbeit zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit zu entwickeln, hat es insbesondere von Seiten der örtlichen Bildungsträger immer wieder einzelne Veranstaltungen in der ehemaligen Synagoge zu Geschichte und Kultur des Judentums gegeben.
Im Hintergrund der Bemühungen des Dekanates stand dann die Idee, auf der Basis eines Bildungskonzeptes und regionaler Forschung die Gedenkarbeit zu einem kontinuierlichen Arbeitsschwerpunkt zu entwickeln, an dem möglichst viele Kooperationspartner beteiligt sein sollten.
Ab dem Juni 2008 gab es von Seiten des Dekanates Schweich-Welschbillig Überlegungen, zum 70. Jahrestag der Reichspogromnacht in den Räumen der ehemaligen Synagoge in Schweich eine Ausstellung zu zeigen. Diese Idee mündete letztlich in das öffentliche Initialtreffen für die Arbeit der Arbeitsgemeinschaft Gedenken am 8. Juli 2009, das in der ehemaligen Synagoge in Schweich stattfand. Vorausgegangen war ein Aufruf von Kommunen, Kirchen und Trägern der Bildungsarbeit im Amtsblatt der VG Schweich, zu diesem Treffen Gegenstände aus den Haushalten mitzubringen, die an jüdischen Bürgerinnen und Bürger der Orte der jetzigen Verbandsgemeinde Schweich erinnern. Ebenso hatte es vorher einen Brief mit einer Einladung an potentielle Zeitzeug*innen zu diesem Treffen gegeben. 14 Frauen und Männer meldeten sich, die dann später von Schüler*innen aus Schweicher Schulen interviewt wurden, nachdem diese von Pastoralreferent Roland Hinzmann vorbereitet worden waren. Diese Zeitzeug*innen-Interviews liegen als Filmdokumentation auf DVDs vor und können für die Bildungsarbeit mit Jugendlichen und Erwachsenen ausgeliehen werden.
Schon beim ersten Treffen der AG Gedenken mit den Kooperatoren aus dem kommunalen Bereich, der Bildungsarbeit und den Religionsgemeinschaften waren erste Prinzipien der geplanten Gedenkarbeit festgelegt worden:
– Biographiebezug:
Es soll Dialogarbeit mit den Zeitzeug*innen stattfinden.
– Regionaler Bezug der Arbeit
Die geplante Ausstellung soll das jüdische Leben in der Region Schweich dokumentieren und
darüber eine persönlichere Beziehung zum ehemaligen jüdischen Leben und seiner Zerstörung
durch den Nationalsozialismus ermöglichen.
– Bezug zu Schulen und Jugendarbeit:
Kernstück der Gedenkarbeit soll die Arbeit mit jungen Menschen sein.
– Angebot von Veranstaltungen durch die Träger der Erwachsenenbildung
– Kontakte zu Luxemburg
Hinzu kam grundlegend die Festlegung von zwei durchgehenden aufeinander bezogenen Polen der Arbeit:
– Der Blick zurück in der historischen Forschung und im Gedenken
– Der Blick auf aktuelle soziale und politische Problemstellungen des Zusammenlebens
in der heutigen Gesellschaft. Daraus sollen Formate der Bildungsarbeit entstehen.
Regelmäßige Treffen der AG Gedenken finden seit dem Jahr 2009 unter der Leitung von Dekanatsreferentin Beate Barg (bis 2012) und Pastoralreferent Matthias Schmitz (bis Ende Mai 2020) statt. Seit Juni 2020 wird diese AG von Pastoralreferentin Judith Schwickerath geleitet.
Höhepunkte der bisherigen Arbeit
Die Dauerausstellung „Jüdisches Leben in und um Schweich“
Diese Dauerausstellung wurde von Spätsommer 2009 bis Anfang 2010 erstellt. Eine wichtige Grundlage bildete die Forschungsarbeit von Georg Wagner, die bereits vorlag , sowie weitere umfangreiche Forschungsarbeit von Hermann Erschens, M. A. und Renè Richtscheid, M.A. Durch Renè Richtscheid war auch das Emil-Frank-Institut Wittlich an der Realisierung des Projektes beteiligt. Die grafische und technische Umsetzung der Ausstellungstafeln erfolgte durch ein professionelles Unternehmen. Verantwortlich für die Erstellung der Dauerausstellung, angefangen von der Sicherung der Finanzierung durch Zuschüsse und Sponsoren bis hin zur Eröffnung am 24. Januar 2010 sowie für die Planung und Durchführung des Rahmenprogramms waren als Hauptamtliche des Dekanates Dekanatsreferentin Beate Barg, Pastoralreferent Roland Hinzmann und Pastoralreferent Matthias Schmitz.
Ausstellung „Deine Anne – ein Mädchen schreibt Geschichte“ im Herbst 2015
Die Ausstellung „Deine Anne – ein Mädchen schreibt Geschichte“ des Anne Frank-Zentrums Berlin wurde vom 21.09 – 10.10.2015 anlässlich des 70. Todestages von Anne Frank in der ehemaligen Synagoge in Schweich gezeigt.
Erstellung der Website zum ehemaligen jüdischen Leben in der VG Schweich
Die Website, auf der Sie sich momentan befinden, wurde erstellt auf der Basis intensiver Forschungsarbeiten, durch die Auswertung von Archiven und zeitgeschichtlichen Dokumenten, die von historischen Fachleuten durchgeführt wurde Sie ist online seit dem 21. Januar 2019 aufrufbar und stellt in den historisch ausgerichteten Menüpunkten das Wissen über die Geschichte des jüdischen Lebens im Raum der heutigen VG Schweich dar, soweit entsprechende Dokumente von den Autoren der Inhalte eingesehen und ausgewertet werden konnten. Beim Vorliegen neuer Erkenntnisse wird die Website weiterhin aktualisiert und ergänzt.
Die Website verfolgt mehrere Ziele:
Das zur Verfügung stehende Wissen soll in den betroffenen Fächern insbesondere von den Schulen in der Region Schweich für den Unterricht abgerufen werden können und einen regionalen Bezug der jeweiligen Themen ermöglichen. Für die Verwendung einzelner Aspekte der Website im Unterricht werden Anregungen gegeben.
Angebote und Veranstaltungen der Erwachsenenbildung sollen auf der Basis der Website entwickelt und durchgeführt sowie auf ihr dokumentiert werden
Projekte sollen öffentlich gemacht und weitere Projekte sollen angeregt werden.
Die Gedenkarbeit in der Region Schweich soll dokumentiert werden.
Grundlage für die Erstellung der Website war das Engagement vieler Sponsoren und Zuschussgeber. Kontinuierlich wurde das Website -Projekt seit 2017 auch gefördert durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ im Rahmen der „Lokalen Partnerschaft für Demokratie in der Verbandsgemeinde Schweich“.
Zukunftsperspektiven der Arbeit
Begonnen hat ein künstlerisches Projekt zum jüdischen Friedhof in Schweich, das in eine Ausstellung münden soll, in die auch Arbeiten der Schülerinnen der Meulenwald- Schule Schweich einfließen werden.
Im Bereich der überregionalen Gedenkarbeit wird in Zusammenarbeit mit Partner*innen in Luxemburg angestrebt, den 16. Oktober als grenzübergreifenden Gedenktag zu etablieren. An diesem Tag wurden im Jahr 1941 Jüdinnen und Juden aus Luxemburg und Trier sowie der umliegenden Region ins Ghetto nach Litzmannstadt/Lodz) deportiert.