Tafel  11

Jüdisches Leben in Leiwen


Juden sind in Leiwen schon vor der offiziellen Wiederzulassung im Erzstift Trier (1618) durch ein Dokument Erzbischof Johanns von Schöneberg vom 5. Oktober 1592 belegt. Möglicherweiseließen sie sich entgegen dem kurtrierischen Ausweisungsgebot gerade in Leiwen nieder, da der Ort etwa in gleicher Entfernung von den Amtsorten Pfalzel,Wittlich und Bernkastel lag und damit vor dem Zugriff der Amtsleute relativ sicher schien. In der Specificatio von 1639 sind dann mit „Isac“ und „Jacov vonLeyven“ zwei Juden erstmals namentlich erwähnt. In der französischen Zeit mussten auch die Leiwener Juden am 11. Oktober und 16. Dezember 1808 ihre Namen gemäß dem Napoleonischen Dekret ändern. Seither sind diejüdischen Familien Schloß, Mendel und Jacobs in Leiwen nachzuweisen, später kamen noch die Familien Isaak, Levy, Maas und Samuel hinzu.

Von dem Höhepunkt jüdischen Lebens in Leiwen im 19. und anfangs des 20. Jahrhunderts kündet noch der 1410 m² große jüdische Friedhof. Zeitweise wurde er auch von Juden aus den Nachbarorten mitbenutzt. Die 1913 eingeweihte Synagoge in der Römerstraße wurde 1938 geschändet und Anfang der 1950er Jahre abgerissen. In einem separaten Raum innerhalb des Synagogengebäudes wurde den jüdischen Kindern, die ansonsten – außer am Sabbat – die katholische Volksschule besuchten, von einem Privatlehrer Religions- und Hebräischunterricht erteilt. Die meisten Leiwener Juden waren Viehhändler; eine Familie vertrieb Brennereiprodukte und Kellereiartikel; es gab Lebensmittel-, Kolonialwaren-, Schuh- und Textilgeschäfte, die oft von den Frauen betrieben wurden, einen Bäcker und einen Metzger.

Schließlich wurde 1926/27 die Leiwener Judenschaft nach langem Vorlauf sogar als Synagogengemeinde im Sinne des preußischen Gesetzes vom 23.07.1847 anerkannt. Das selbstverständliche, wegen des Handels und aus religiösen Gründen allerdings nie ganz konfliktfreie Miteinander zwischen jüdischen und christlichen Bürgern änderte sich jedoch kurz darauf nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Es kam zu Beleidigungen und Übergriffen auf jüdisches Eigentum. Im Pogrom am 10. November 1938 wurden jüdische Wohnungen verwüstet, die Synagoge im Innern zerstört und der Gemeindevorsteher gezwungen, die Kultgegenstände an der Mosel zu verbrennen. Etwa die Hälfte der Juden konnte sich ins Ausland retten, vor allem nach Nord- und Südamerika; die anderen wurden in Konzentrationslagern ermordet oder starben auf der Flucht.

Jüdischer Friedhof in Leiwen, erstmals 1720 erwähnt, mit noch 50 erhaltenen Grabsteinen aus der Zeit von 1863 bis 1933.

Haus des Salomon Schloß (*15.2.1878 in Leiwen) in der Euchariusstr. 33: Er war Vieh- und Textilhändler und besaß ein Textilgeschäft, das hauptsächlich seine Ehefrau Luise, geb. Bärmann (*22.9.1883 in Dörbach), führte. 1935 verkauften sie ihr Haus und zogen mit der Tochter Irma (*8.8.1907) nach Arnheim/NL zu ihren dort verheirateten Töchtern Klothilde (*4.8.1905) und Berna (*2.3.1909). 1943 wurden Salomon und Luise Schloß nach Auschwitz, Klothilde Schloß und ihre Familie sowie Berna Schloß mit ihrer Familie nach Sobibor deportiert; sie alle wurden im KZ ermordet. Irma Schloß konnte fliehen und überlebte den Krieg, sich von einem ins andere Versteck flüchtend. Nach Kriegsende blieb sie 10 Jahre lang in Arnheim in der Hoffnung, eines Tages könnte noch jemand aus ihrer Familie zurückkommen. Ihre Schwester Berna hatte vor ihrer Verhaftung ihren knapp einjährigen Sohn einer Niederländerin übergeben, um ihn so vielleicht retten zu können – dieses Kind suchte Irma nun. Schließlich gab sie die Suche und die Hoffnung auf und zog zunächst zu einem Onkel nach Südafrika, später nach Argentinien. Letztlich kehrte sie wieder nach Arnheim zurück, wo sie 1991 in einem Altersheim starb.

Leiwener Synagoge mit dem angebauten Aufgang zur Frauenempore. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich der Unterrichtsraum

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