Juden in Leiwen

Der Vortrag wurde von Hermann Erschens M.A. verfasst und vom Autor gehalten anlässlich des Festaktes zur Vorstellung der Ausstellungstafel „Jüdisches Leben in Leiwen“ am 7. Februar 2011.

1. Größe und wirtschaftliche Verhältnisse der jüdischen Gemeinde

Den ersten Hinweis auf jüdische Einwohner in Leiwen gibt uns die Verordnung des Trierer Kurfürsten Johann von Schönenberg vom 5.10.1592, [1] in der er darüber Klage führt, dass trotz seiner vor etlichen Jahren verordneten Ausweisung der Juden aus dem Kurfürstentum sich immer noch Juden in Fell, Longuich und Leiwen „ohne Geleit“, d.h. ohne Aufenthaltserlaubnis, aufhalten. In der „Specificatio“ aus dem Jahre 1639, [2] einer Auflistung der in Trier lebenden Juden, werden zwei Juden aus Leiwen namentlich genannt: „Isak“ und „Jacob von Leyven“. 1726 werden in einem Prozess der Leiwener Juden mit der Gemeinde um die Nutzung der Gemeindeweide genannt: Hirsch, Mendel, Löb und Moises. [3] Einen ersten Hinweis auf die in Leiwen ansässigen jüdischen Familien und die Größe der jüdischen Gemeinde gibt uns eine Liste der Mairie Leiwen, in der – laut napoleonischem Dekret – die Vor- und Familiennamen der einzelnen jüdischen Familien am 11.10. und 16.12.1808 festgelegt wurden. [4] Es waren die Familien Jacobs, Levy und Schloss, insgesamt 29 Personen; später kamen noch die Familien Isaak, Maas und Samuel hinzu. Um 1930 umfasste die jüdische Gemeinde 61 Mitglieder; 1933 waren es noch 45, 1936: 20, 1938: 11 und zu Beginn des Jahres 1939 gab es keine Juden mehr in Leiwen.

Die meisten Leiwener Juden waren Viehhändler, eine Familie verkaufte Brennereiprodukte und Kellereiartikel; es gab Lebensmittel-, Kolonialwaren-, Schuh- und Textilgeschäfte, die oft von den Frauen betrieben wurden, während die Männer ihren Handelsgeschäften nachgingen; es gab einen Bäcker und einen Metzger.

2. Die Synagogengemeinde

Bereits 1853 gab es Ansätze, aus den Orten Leiwen, Klüsserath und Trittenheim eine Synagogengemeinde im Sinne des Gesetzes vom 23.7.1847 zu bilden.

Die erste uns bekannte Satzung einer Synagogengemeinde ist jedoch die vom 30.8.1927; [5] der Synagogenbezirk Leiwen war identisch mit dem Bezirk der bürgerlichen Gemeinde Leiwen. Die Synagogengemeinde wurde geleitet von 9 Repräsentanten und 3 Vorstandsmitgliedern. Sie waren vor allem verantwortlich für die Wahl der Kultusbeamten, den Religionsunterricht und die Unterhaltung der Synagoge und des Begräbnisplatzes.

3. Synagoge und Schule

Zentrum des jüdischen Gemeindelebens war die Synagoge: ein Ort des Gebetes, ein Haus des Lernens (Schule) und Versammlungsort der Gemeinde. Die erste uns bekannte Synagoge bzw. Bethaus war ein kleines Haus an der Ecke Euchariusstraße-Laurentiusstraße, das die jüdische Gemeinde 1825 von der Zivilgemeinde gekauft hatte. Als es für die wachsende jüdische Gemeinde zu klein geworden war, wurde eine neue Synagoge in der Römerstraße errichtet, die am 11./12. Juli 1913 eingeweiht wurde: ein Fest, an dem auch die nichtjüdische Bevölkerung teilnahm, mit Musikverein, Männergesangverein und Kirchenchor.

In der Synagoge gab es einen Raum, in dem für die jüdischen Schüler/innen Religionsunterricht erteilt wurde. Der Unterricht beschränkte sich im Wesentlichen auf die religiöse Unterweisung der Kinder: auf das Lernen der wichtigsten Gebete für den Gottesdienst, auf die biblische Geschichte der Juden, die Glaubens- und Pflichtenlehre und das Lernen der Feste, den Jahreskreis und den damit notwendig verbundenen Unterricht in den Grundzügen der hebräischen Sprache. Außer am Sabbat besuchten die jüdischen Schüler/innen die katholische Elementar- bzw. Volksschule.

Die Synagoge, in der Reichspogromnacht geschändet, wurde während des Zweiten Weltkrieges als Gefangenenlager und später als Lagerhalle genutzt. Anfang der 1950er-Jahre wurde sie von der benachbarten Weinfirma, die sie erworben hatte, abgerissen, um Platz für eine Lagerhalle zu schaffen.

4. Der jüdische Friedhof

Der jüdische Friedhof (1410 qm groß) ist die einzige noch sichtbare Erinnerung an die ehe-malige jüdische Gemeinde. 1720 wird er erstmals erwähnt. Es sind noch 50 Grabmale erhalten; die ältesten stammen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Begraben sind hier die Toten der jüdischen Gemeinden Leiwen, Klüsserath und Trittenheim, das erst Ende des 19. Jahrhunderts einen eigenen Friedhof erhielt.

5. Das selbstverständliche Miteinander

Juden und Nichtjuden lebten im Dorf mit- und nebeneinander. Ihr Verhältnis war so gut oder weniger gut wie das zwischen den Christen des Ortes. Man hatte Freunde, nahm an Familienfeiern teil, teilte als gute Nachbarn Freud und Leid miteinander und half sich gegenseitig, wenn man sich brauchte, kaufte in den jüdischen Geschäften, und wenn es um Belange der Gemeinde ging, stand man zusammen – ein Jude war auch im Gemeinderat.

Trotz dieses von Juden und Nichtjuden immer wieder betonten selbstverständlichen Miteinanders gab es doch auch Misstrauen und Vorurteile und daraus resultierende Konflikte, auch schon vor dem Aufkommen des Nationalsozialismus.

Anlass zum Konflikt bot vor allem der Handel. Hauptvorwurf der Bauern gegenüber den jüdischen Händlern war, sie würden Wucher treiben und beim Handeln betrügen, und für einige jüdischen Händler war die Versuchung groß, ihre beherrschende Position auf dem Markt auszunutzen. Die Abhängigkeit von den jüdischen Händlern und Kreditgebern schürte bei manchen Bauern und Winzern den latenten Antisemitismus, und die aufgestauten Vorurteile führten hin und wieder zu Übergriffen gegenüber den Juden.

Auch die Unkenntnis vom Wesen der jüdischen Religion, ihrer religiösen Vorschriften, von Brauchtum und Sitte waren Quellen des Missverständnisses, des Misstrauens und der Vorurteile. Z.B. wurden 1712 dem Juden Hirsch die Fensterscheiben eingeworfen, weil er – wie es die kurfürstliche Verordnung forderte – während der Fronleichnamsprozession nicht die Fensterläden geschlossen hatte. Kleidung, Kopfbedeckung, das Tragen des Gebetsmantels, den Kopf beim Beten zu bedecken – das alles reizte meist Jüngere zu Spott und Hohn.

Den Juden wurden auch magische Zauber- und Hexenkräfte zugesprochen. Hatte ein Kind ein Loch im Strumpf, so sagte man: Da hat ein Jude drauf gespuckt! Als Frau S. ihr erstes Kind geboren hatte, sagte ihre Mutter zu ihr, sie solle nicht auf die Straße gehen, bis sie vom Pastor „ausgesegnet“ worden sei; denn wenn sie vorher einem Juden begegne, könne sie ihr Kind nicht mehr stillen, weil der Jude ihr die Milch zum Stehen bringe.

Es war zwar nur eine Minderheit, deren Verhalten gegenüber den Juden von Aberglauben und Vorurteilen geprägt war und die dies auch die Juden spüren ließen; doch war der Jude im Allgemeinen der Sündenbock für alle Fehl- und Schicksalsschläge.

6. Die Zeit des Nationalsozialismus und das Ende der jüdischen Gemeinde

6.1 Antijüdische Ausschreitungen, Reichspogromnacht

Nach der „Machtergreifung“ Hitlers und der Nationalsozialisten zeigte der bis dahin verdeck-te Antisemitismus bei einigen Leiwenern sein hässliches Gesicht. Er zeigte auch, dass die Juden – trotz allem Bemühen um Integration, trotz des täglichen selbstverständlichen Mitein-anders – Fremde geblieben waren bzw. jetzt wieder zu Fremden gemacht wurden.

Auch in Leiwen gab es den Boykott jüdischer Geschäfte am 1.4.1933, auch hier wurden Schilder aufgestellt mit der Aufschrift „Juden passieren diesen Ort auf eigene Gefahr“, wurden in „Nacht-und Nebel-Aktionen“ in jüdischen Häusern Fensterscheiben eingeworfen. Aber es gab auch jetzt noch – neben den überwiegend Gleichgültigen – Leiwener, die zu den Juden hielten und mit Abscheu die Übergriffe der Nationalsozialisten gegen ihre jüdischen Mitbürger betrachteten. In der Reichspogromnacht wurden jüdische Wohnungen verwüstet, die Synagoge im Inneren zerstört. Moses Schloß wurde mit vorgehaltener Pistole gezwungen, die Synagoge a ufzusperren und mit anderen Juden die Tora-Rollen, Gewänder, Bücher, Kerzen und Leuchter im Laufschritt zur Mosel zu bringen, wo sie die Kultgegenstände selbst verbrennen mussten. [6]

6.2 Emigration [7]

Familie Isaak

Adolph Isaak (* 01.05.1877 Leiwen) emigrierte Ende 1938 mit seiner Frau, Sybilla geb. Leib (* 17.10.1885 Niederemmel) und ihrem Sohn, Edgar Isidor (* 28.02.1909 Leiwen), nach Argentinien (Buenos Aires). Adolph Isaak starb am 18.09.1967, seine Frau Sybilla 1964 und ihr Sohn Edgar Isidor 1979 in Buenos Aires.

Ihr Sohn, Leo Isaak (*12.03.1911), emigrierte mit seiner Frau Ellen Isaak geb. Mayer (* Cochem) 1936 nach Argentinien (Buenos Aires). Er betrieb dort mit seinem Vetter Arthur Isaak mit Heimarbeitern eine kleine Handschuhfabrik.

Justine Isaak (* 07.10.1907), Tochter des Adolph und der Sybilla Isaak, verheiratet mit Leo Levy (* 16.01.1898 Kerprichhemmersdorf), lebte mit ihrem Mann 1929 in Saarlouis, ab 1935 in Metz; von 1940 bis Kriegsende waren sie in einer Jagdhütte an der französisch-spanischen Grenze untergetaucht, danach lebten sie in Grenoble/Frankreich.

Otto Isaak (*11.02.1879 Leiwen) emigrierte Ende 1938 mit seiner Frau, Meta geb. Mayer (*1889 Ludwigshafen) zunächst nach Uruguay, dann nach Argentinien; die Kinder Arthur (*01.07.1914 Leiwen) und Edith (*17.12.1919 Leiwen) waren bereits 1936 nach Argentinien (Buenos Aires) emigriert. Otto Isaak starb 1955 in Buenos Aires, seine Frau Meta 1970 in Montevideo/Uruguay, Arthur 1947 in Buenos Aires, Edith 2015 in Montevideo/Uruguay.

Familie Jacobs

Die Angehörigen der Familie Jacobs verließen in den 1920er Jahren Leiwen und zogen in die großen Stäte, wie Köln und Berlin.

Seligmann Jacobs, am 11.10.1890 in Leiwen geboren, wohnte 1921 als Kaufmann in Köln und emigrierte mit Vater, Mutter und drei Kindern (Arnold Aaron, Julius M. und Leo) in die USA.

Arnold Aaron und Julius M. wohnten 1999 in Monsey, New York; Leo, der Jüngste, in Lakewood, New Jersey (Brief von Arnold Aaron Jacobs vom 22.09.1999 an den Autor).

Familie Hermann Levy

Hermann Levy (* 03.10.1870 Leiwen) und seine Frau Eva Levy geb. Levy (*30.03.1877 Konz) wurden nach Theresienstadt deportiert und starben dort.

Die Emigration folgender Kinder ist bekannt:

Leonie Levy (* 27.02.1906 Leiwen) am 23.06.1939 nach Marlow, Großbritannien, nach 1945 New York/USA.

Julius Levy (* 08.11.1907 Leiwen), am 22.03.1939 nach Shanghai/China, nach 1945 nach New York/USA.

Sally Levy (* 11.04.1909 Leiwen) am 22.03.1939 nach Shanghai.

Ludwig Levy (* 11.05.1910 Leiwen) starb am 17.01.1939, während der Emigration, in Shanghai; seine Frau, Dorothea Levy geb. Kahn (* 13.01.1912 Niederzissen) emigrierte in die USA, sie starb am 16.12.1981 in Selma/Alabama.

Siegfried Levy (* 20.12.1911 Leiwen) am 22.03.1939 Shanghai, nach 1954 nach New York.

Leo Levy (* 06.10.1914 Leiwen) starb 2005 in Chile.

Therese (Thea) Levy (*16.08.1916) nach USA.

Die Emigration folgender Kinder von Rosa Ermann geb. Levy (*04.10.1881Leiwen, ✡10.05.1942 Kulmhof/Chelmno, Schwester des Hermann Levy) und des Salomon Ermann (*11.07.1870 Mehring, ✡07.03.1940 Trier) ist bekannt:

Max Ermann (*29.07.1907 Trier), von Trier, Petrusstr. 19/2, am 17./22.11.1938 nach Shanghai.

Ernst Ermann (*12.09.1909 Trier), von Trier, Petrusstr. 19/2, am 10.03.1938 nach New York.

Fritz Ermann (*16.04.1911 Trier), von Trier, Petrusstr. 19/2, am 17./22.11.1938 nach Shanghai.

Juliane Ermann (*04.08.1914 Trier), von Trier, Petrusstr. 19a, am 17./22.11.1938 über Shanghai nach New York.

Familie Rudolf Levy

Rudolf Levy (* 24.09.1890 Leiwen), seine Frau Isabella (Babette) Levy geb. Haas (*28.04.1900 Hottenbach) und ihre Kinder, Jenny Esther (* 03.11.1928 Leiwen) und Isaak Ingolf (* 28.05.1931 Leiwen), emigrierten am 19.04.1939 in die USA (Chicago).

Bereits im 19. Jahrhundert ausgewandert:

Jakob Levy (* 09.12.1858 Leiwen) wanderte am 07.04.1883 in die USA aus; [8] er heiratete am 21.08.1889 in Ligonier/USA Frederike Aach (*04.11.1864 Trier), Tochter des Simon und der Babette Aach; Jakob Isaak starb am 06.04.1944 in Chicago/USA.

Familie Maas und Familie Samuel

Gottfried Samuel (* 17.04.1900 Leiwen), Sohn des Moses Samuel (*14.12.1864 Trittenheim, ✡19.06.1923 Leiwen) und der Adele Maas (* 06.01.1866 Leiwen, ✡21.09.1942 Treblinka) emigrierte mit seiner Frau, Else geb. Friedländer (* 24.07.1908 Eschweiler), am 04.08.1939 in die USA. Gottfried Maas starb am 23.01.1989 in New York, seine Frau Else ebenfalls dort am 10.07.1993.

Von der Familie Maas waren bereits im 19. Jahrhundert in die USA ausgewandert:

Abraham Maas (* 15.02.1837 Leiwen) wanderte am 16.02.1866 mit seiner Ehefrau Esther geb. Michel (* 17.07.1836 Marxheim) in die USA (New York) aus. Abraham Marx starb am 09.06.1912 in New York, Esther Maas dort am 31.01.1895. Zwischen 1867 und 1877 wurden in New York fünf Kinder geboren.

Moses Maas (* 27.06.1839 Leiwen), Bruder des Abraham Maas, wanderte in die USA aus, 1867 heiratete er in Chicago die gebürtige Deutsche Babette N. N., nach deren Tod die gebür-tige Deutsche Thekla N. N.; Moses Maas besaß in Chicago ein Bekleidungsgeschäft.

Adeline (Eligia) Maas (*19.08.1841 Leiwen), Schwester des Abraham und des Moses Maas, wanderte ebenfalls in die USA aus; sie heiratete in New York Lyman Kahn aus Hessen-Darmstadt.

Theresia Nussbaum (*16.03.1876 Butzweiler), Tochter der Johannetta (Jeannette) Nussbaum geb. Maas (* 03.01.1833 Leiwen, ✡16.03.1916 Trittenheim) und des Maximilian Nussbaum (* 17.10.1840 Trier, ✡01.02.1915 Trittenheim), war verheiratet mit Bermann Samuel (* 04.11.1868 Trittenheim) aus Trittenheim; das Ehepaar wanderte mit seinen vier Kindern, alle in Trittenheim geboren, in die USA aus.

Familie Schloss

Karl Schloss (* 26.02.1897 Leiwen), verheiratet mit Frieda Guggenheimer (* 17.07.1904 Ihringen), emigrierte Ende 1938 (Trier, Kaiserstr. 4) in die USA, zunächst New York, später Milwaukee.

Sybilla Salm geb. Schloss (* 23.08.1901 Leiwen), Tochter des Marx Schloss (*19.12.1865 Leiwen, ✡04.07.1929 Leiwen) und der Emma Gärtner (* 24.04.1875 Sohren, ✡23.08.1921 Leiwen), verheiratet mit Sally Salm (* 12.12..1898 Schweich). Das Ehepaar emigrierte mit seinen drei Kindern in die USA; am 28.12.1938 bestiegen sie in Hamburg die „SS Washington“, die am 09.01.1939 in den Hafen von New York einlief.

Emma Schloss geb. Loeb (*1872 Mutterstadt), Ehefrau des Gabriel Karl Schloss (*04.12.1868, ✡16.12.1929 Leiwen), emigrierte Ende 1938 (Trier, Paulinstr. 123) in die USA (Sterbeort: Chicago).
Mit ihr emigrierten in die USA ihre Kinder samt Familie:
Regina Schloss (* 11.11.1906 Leiwen), verheiratet 1933 mit Samuel Richard (* 29.07.1898 Trittenheim), Söhne Gerd Karl (*03.12.1934Trier) und Julius Schloss (* 18.09.1910 Leiwen).

Franziska Gärtner geb. Schloss (* 20.05.1875 Leiwen), verheiratet mit Leopold Gärtner (*04.05.1873 Sohren) emigrierte in die USA, sie starb 1953 in New York.

Marianne Rosenstiel geb. Schloss (*18.10.1879 Leiwen), verheiratet mit Sigmund Rosenstil (*18.04.1875 Dahn) emigrierte nach Argentinien, Buenos Aires, wo sie 1974 starb.

Raphael (Rolf) Schloss (* 24.06. 1882 Leiwen), starb in Israel.

Moses Schloss (*14.07.1884 Leiwen), verheiratet mit Franziska Levy (* 31.12.1892 Irrel) emigrierte am 12.02.1939 (Trier, Paulinstr. 123) mit seiner Frau in die USA (New York); Moses Schloss starb am 13.12.1954 in New York, seine Frau Franziska am 23.03.1987 in Flushing/New York.

In seinem Schreiben vom 5. Juni 1951 an seinen Anwalt in Trier, Dr. Voremberg, schreibt Moses Schloß über seine Flucht: „… wir gingen in Zewen über die Grenze, dort trafen wir einen sehr bösen SS-Mann, er nahm uns alle Papiere ab, sogar meinen Militärpass, zerriss sie vor unseren Augen mit der Bemerkung, Ihr wollt bestimmt in Amerika Propaganda gegen Deutschland mit diesen Papieren machen, auf seinen Befehl hin musste ich mich sogar nackt ausziehen, und es wurde mir, und nicht mit zarter Hand, in den Hintern geleuchtet, ob ich auch noch vielleicht dort etwas versteckt hätte.“ [9]

Moses Schloß‘ Söhne, Kurt (* 01.04.1915 Leiwen) und Lothar (*14.08.1925 Leiwen), am 07.12.1938 von Leiwen nach Trier, am 12.02.1939 von dort mit Ziel USA.

Lothar Schloß lebte 1988 in den USA (Brief von Claude K. Schloß, River Edge, NJ, vom 29. April 1988 an den Autor: „Mein l. Bruder Lothar sowie ich waren sehr beschäftigt mit unserer l[ieben] Mutter, die ins Krankenhaus musste, wo sie am 13. März im Alter von 95 Jahren verschieden ist.“

Kurt Schloß lernte wohl auf seiner Flucht Edith Kahn ( ⃰ 15.05.1914 Freudenburg bei Saarburg) kennen, die Tochter des Adolf Kahn ( ⃰ 30.09.1882 Freudenburg, ✡30.06.1959 Lyon) und der Therese Kahn geb. Levy ( ⃰ 28.09.1879 Illingen, ✡28.08.1949 Lyon). Adolph Kahn emigrierte mit seiner Frau Theres und seinen beiden Kindern, René und Ruth, über Luxemburg nach Südfrankreich: über Lyon nach Nyons (Département Drôme). Nach den ersten Razzien der französischen Behörden im unbesetzten Frankreich wieder nach Lyon, in die Anonymität einer großen Stadt. Alle überlebten die deutsche Besatzungszeit. Nach dem Tode seiner Frau Therese im Jahre 1949 lebte Adolph Kahn noch bis zu seinem Tode im Jahre 1959 in Lyon.

Edith, die bereits 1933 nicht mehr im Elternhaus lebte, emigrierte Mitte der 1930er Jahre nach Frankreich. Dort heiratete sie 1941 Kurt Schloß, mit dem sie nach dem Kriege in die USA emigrierte. Edith Schloß starb am 09.10.1985 in Little Ferry, New Jersy.

Claude K./Kurt Schloß schrieb dem Autor am 15.12.1987, River Edge, NJ: „Nach Erhalt Ihres Briefes habe ich 2 Mal versucht, mein Schicksal während diesen Jahren 1935– 1947 aufs Papier zu bringen, was dann aber daran gescheitert ist, dass meine l[iebe] Frau Edith, geboren in Freudenburg bei Saarburg, hier gestorben ist. Da wir beide bis nach der Befreiung in Südfrankreich immer zusammen waren und uns gegenseitig das Leben gerettet haben, ist es jetzt schmerzhaft überhaupt darüber nachzudenken. Wenn meine l. Edith noch da wäre, wäre es einfach unser Schicksal von Anfang bis Ende zu dictieren.“

6.3 Opfer des Holocaust [10]

Familie Levy

Bertha Lorig geb. Levy (*30.12.1864 Leiwen), Tochter des Joseph Levy (*09.06.1829 Leiwen, ✡14.03.1917 Leiwen) und der Rosina Jacobs (*25.03.1844 Leiwen), 17./19.05.1939 Trier, Neustr. 33, 26.07.1942 Deportation von Trier nach Theresienstadt, am 19.09.1942 nach Treblinka, ✡21.09.1942 Treblinka.

Ihr Ehemann, Jakob Lorig (*31.01.1856 Butzweiler), starb am 24.12.1933 in Butzweiler.

Mathilde Lorig (*17.05.1893 Butzweiler), Tochter des Jakob Lorig und der Bertha Lorig geb. Levy, 27.10.1938 in Trier, Paulinstr. 123, 24.10.1940 Maximinstr. 31, 16.10.1941 Deportation von Trier nach Theresienstadt, ✡10.05.1942 Kulmhof/Chelmno, Polen.

Leo Lorig (*18.09.1895 Butzweiler), Sohn des Jakob Lorig und der Bertha Lorig geb. Levy, 17./19.05.1929 Trier, Neustr. 33, 16./17.09.1942 Zuckerbergstr. 16, 16.03.1943 Deportation von Trier nach Theresienstadt, ✡09.10.1944 Auschwitz.

Seine Ehefrau, Sybilla Lorig (*11.02.1906 Butzweiler), 16.03.1943 nach Theresienstadt, am 06.10.1944 nach Auschwitz, ✡09.10.1944 Auschwitz.

Hermann Levy (*03.10.1870 Leiwen), am 16.10.1941 Deportation von Trier nach Litzmann-stadt, wo er am 23.04.1942 starb.

Seine Frau, Eva Levy geb. Levy (*30.03.1877 Konz), 16.10.1941 Deportation von Trier nach Litzmannstadt; ihr weiteres Schicksal unbekannt, wahrscheinlich Opfer des Holocaust.

Ihre Tochter, Rosa (*16.04.1902 Leiwen), verh. Leons, Niederlande, Deportation 1942 Auschwitz, Todesdatum/-ort: 29.10.1942 Auschwitz.

Ihre Tochter Babette Levy (*22.11.1904 Leiwen), ✡18.09.1942 Auschwitz (Standesamt Auschwitz II, Nr. 31559/1942).

Babette Lorig geb. Levy (*03.01.1872 Leiwen), 17./19.05.1939 in Trier, Neustr. 33, 26.07.1942 Deportation von Trier nach Theresienstadt, am 19.09.1942 nach Treblinka, ✡21.09.1942 Treblinka.

Ihr Ehemann, Joseph Lorig (*11.02.1863 Butzweiler), 26.07.1942 nach Theresienstadt, 19.09.1942 nach Treblinka,✡21.09.1942 Treblinka.

Rosa Ermann geb. Levy (*04.10.1881 Leiwen), Ehefrau des Salomon Ermann (*11.07.1870 Mehring), wohnhaft in Trier. Während ihre Kinder in die USA emigrierten, blieb sie bei ihrem pflegebedürftigen Mann zurück, der am 07.03.1940 starb und auf dem jüdischen Gräberfeld des städtischen Hauptfriedhofs begraben wurde. Am 16.10.1941 wurde Rosa Ermann von Trier nach Litzmannstadt deportiert, am 10.05.1942 nach Chelmno/Polen, wo sie am selben Tag durch Autoabgase ermordet wurde. Am 20.05.2005 wurde in der Petrusstr. 19a, ihrem Wohnhaus, in dem sie fast 40 Jahre lang mit ihrer Familie lebte, ein Stolperstein verlegt. [11]

Leopold Levy (*05.02.1888 Leiwen), 27.10.1938 in Trier, Paulinstr. 123, 24.10.1940 Maximinstr. 31, 16.10.1941 Deportation von Trier nach Litzmannstadt, ✡10.05.1942 Kulmhof/Chelmno, Polen.

Salomon Levy (*23.01.1876 Leiwen), 27.10.1938 Trier, Paulinstr. 123, 13.02.1941 Neustr. 33, 26.07.1942 Deportation von Trier nach Theresienstadt, am 19.09.1942 nach Treblinka, ✡21.09.1942 Treblinka.

Johanna Lewy geb. Schoemann (*17.07.1860 Lösnich), Ehefrau des Isaak Levy (* 26.11.1857 Leiwen, ✡09.06.1927 Leiwen), 12./13.05.1938 Trier, Neustr. 78, 25.04.1939 Ruwer, 28.10.1941 Neustr. 30, 11.12.1941 Maarstr. 63, 26.07.1942 Deportation nach Theresienstadt, ✡20.11.1942 Theresienstadt.

Emma Simon geb. Levy (*22.10.1886 Leiwen), Tochter des Isaak Levy und der Johanna Levy geb. Schoemann, verheiratet mit Ludwig Simon (*26.10.1869 Thalfang), Deportation des Ehepaares am 05.06.1942 nach Theresienstadt, am 19.09.1942 nach Treblinka.

Helene Levy geb. Klee (*13.05.1861 Plaidt/Mayen), Ehefrau des Mendel Levy (*26.01.1860 Leiwen, ✡08.09.1932 Leiwen), deportiert ab Darmstadt am 10.02.1943 nach Theresienstadt, Todesdatum/-ort: 03.08.1943 Theresienstadt; ihre Tochter, Juliana (*20.10.1892 Leiwen), am 27.09.1942 von Darmstadt nach Theresienstadt deportiert, von dort am 09.10.1944 nach Auschwitz.

Klara Krieger geb. Levy (*16.01.1900 Leiwen) und ihr Mann Friedrich Leopold Krieger (*1889 Mainz) wurden 1941 ins Ghetto von Riga deportiert, wo sich ihre Spuren verlieren; sie sind höchstwahrscheinlich Opfer des Holocaust geworden.

Rosa Levy (*16.04.1902 Leiwen), Tochter des Joseph Levy, verh. Leons, Deportation 1942 Auschwitz, Todesdatum/-ort: 29.10.1942 Auschwitz.

Familie Maas und Familie Samuel

Abraham Maas (*22.09.1862 Leiwen), Handelsmann, 22.07.1939 Trier, Peter-Friedhofen-Straße 5, 26.07.1942 deportiert nach Theresienstadt, ✡27.11.1942 Theresienstadt.

Adele Samuel geb. Maas (*06.01.1866 Leiwen), Frau des Moses Samuel (*14.12.1864 Trittenheim, ✡19.06.1923 Leiwen), 30.12.1938 Trier, Maarstr. 34, am 26.07.1942 nach Theresienstadt deportiert, am 19.09.1942 nach Treblinka und dort am 21.09.1942 in der Gaskammer ermordet.

Rosa Samuel (*20.03.1896 Leiwen), Tochter des Moses Samuel und der Adele Maas, war nach Aussage von Frau Susanne Kohl in Berlin in einer Taubstummenschule, von dort wurde sie am 15.08.1942 nach Riga deportiert, Todesdatum/-ort: 18.08.1942 Riga.

Klara Samuel geb. Hayum (*25.09.1900 Wies bei Nennig), Frau des Simon Samuel (*09.05.1898 Leiwen, ✡23.08.1941 Trier, Sohn des Moses Samuel und der Adele geb. Maas), wurde am 16.10.1941 von Trier nach Litzmannstadt deportiert.

Klara Süsskind geb. Samuel (*16.10.1904 Leiwen), Tochter des Moses Samuel und der Adele Samuel geb. Maas, wurde am 07.12.1941 ab Köln nach Riga deportiert, am 01.10.1944 ins KZ Stutthof, Todesdatum/-ort: 12.10.1944 Stutthof.

Gottfried Samuel (*17.04.1900 Leiwen), New York, sucht im AUFBAU vom 6. Juli 1945:

„Adele Samuel, geb. Maas, Leiwen, Trier; Otto und Rosa Friedländer, geb. Jakobs, Köln, Litzmannstadt 1941; Sophie Friedländer, Eschweiler, Aachen; Henny Maas, geb. Hess, Irma Maas, Frankenthal, Frankfurt a. M.; Klara Süsskind, geb. Samuel, Leiwen, Köln. Nachricht erbeten an: Gottfried und Else Samuel 555 West 160th Street, Apt. 67, New York 32, N. Y.“

Das Schicksal der Adele Samuel geb. Maas und der Klara Süsskind geb. Samuel siehe oben.

Otto Friedländer, * 12.06.1879 Eschweiler, wohnhaft in Köln, Deportation ab Köln am 22.10.1941 nach Litzmannstadt.

Seine Ehefrau, Rosa Friedländer geb. Jacobs, * 27.11.1883 Langerwehe (Tochter des Jacob Jacobs und der Theresia Strauß), wohnhaft in Eschweiler und Köln, Deportation nach Litzmannstadt.

Sophie Friedländer, * 30.01.1884 Eschweiler, wohnhaft in Eschweiler, Deportation ab Koblenz am 22.03.1942 nach Izbica, Ghetto/Polen.

Karl David Samuel (*07.03.1892 Trier) und seine Frau Melanie geb. Levy (*22.07.1897 Leiwen, Tochter des Isaak Levy und der Johanna Levy geb. Schoemann), Trier, Bachstr. 4, beide am 16.03.1943 nach Theresienstadt deportiert, beide ✡09.10.1944 Auschwitz; ihre Söhne, Gustav (*16.06.1931 Thalfang) und Günther (* 23.10.1933 Thalfang), beide am 17.03.1943 ab Berlin nach Theresienstadt deportiert, am 06.10.1944 nach Auschwitz, ✡16.10.1944 Auschwitz.

Familie Schloss

Babetta Bermann geb. Schloss (*15.10.1859 Leiwen), Tochter des Bermann Bermann (*16.05.1822 Monzel, ✡05.05.1900 Wittlich), und der Therese Bermann geb. Schloss (*05.01.1830 Leiwen, ✡28.03.1879 Wittlich), am 26.07.1942 von Trier über Köln nach Theresienstadt, am 19.09.1942 nach Treblinka, Todesdatum/-ort: 21.09.1942 Treblinka.

Sara Mendel geb. Schloss (*16.09.1870 Leiwen), Tochter des Simon Schloss (*16.08.1834 Leiwen, ✡07.10.1913 Leiwen) und der Carolina Schwarz (* 07.08.1844 Illingen), verheiratet mit Emanuel Mendel (* 28.05.1863 Müstert/Niederemmel, ✡05.07.1942 Trier), wohnte am 17.08.1938 in Trier, Maternusstr. 12; am 26.07.1942 wurde sie nach Theresienstadt deportiert, ✡28.01.1943 Theresienstadt.

Ihre Tochter Bertha (* 22.05.1894 Niederemmel) wurde am 16.10.1941 von Trier nach Litzmannstadt deportiert, ihre beiden Kinder, Adele (* 22.01.1920 Hermeskeil) und Gertrud Hilde (* 21.07.1922 Hermeskeil) wurden am 01.03.1942 in Kulmhof/Chelmno ermordet.

Theodor Schloss (*11.11.1902 Leiwen), Sohn des Marx Schloss (*19.12.1865 Leiwen, ✡04.07.1929 Leiwen), und der Emma Gärtner (*24.04.1875 Sohren, ✡23.08.1921 Leiwen), oo 1931 Mainz N. N., deportiert ab Mainz am 25.03.1942 nach Piaski (Vernichtungslager im Distrikt Lublin/Polen, unweit des Vernichtungslagers Majdanek), Todesdatum: 31.12.1943.

Hilde Levy geb. Schloss (* 25.08.1910 Leiwen), Tochter des Marx Schloss (*19.12.1865 Leiwen, ✡04.07.1929 Leiwen), und der Emma Gärtner (* 24.04.1875 Sohren, ✡23.08.1921 Leiwen), verheiratet mit Emanuel Levy (*13.11.1899 Sensweiler); beide wurden ab Koblenz am 30.04./03.05.1942 nach Krasnicyn/Polen (Ghetto unweit Lublin) deportiert, für tot erklärt.

Babette Luhs geb. Schloss (10.10.1904 Leiwen), Tochter des Gabriel Karl Schloss

(* 04.12.1868 Leiwen, ✡16.12.1929 Leiwen) und der Emma Schloss geb. Loeb (*1872 Mutterstadt, in die USA emigriert), verheiratet mit Walter Luhs (*17.06.1903 Meckenheim), vor 08.05.1945 für tot erklärt.

Meyer Schloss (*25.12.1886 Leiwen), Sohn des Joseph Schloss (*23.05.1843 Leiwen, ✡23.12.1926 Leiwen) und der Sara Schloss geb. Kahn (*27.08.1844 Useldange/Luxemburg, ✡01.11.1871 Leiwen), wohnhaft in Leiwen, Karlsruhe und Baden-Baden, vom 12.11.1938–23.01.1939 KZ Dachau, am 22.10.1940 nach Gurs/Frankreich deportiert, am 19.08.1942 nach Auschwitz, für tot erklärt.

Salomon Schloss (*15.02.1878 Leiwen), Emigration in die Niederlande, wurde ab Wester-bork nach Auschwitz deportiert, Todesdatum/-ort: 22.10.1942 Auschwitz.

Seine Frau, Louise Schloss geb. Bärmann (*22.09.1883 Dörbach) wurde nach Aussage ihrer Tochter Irma 1943 in Auschwitz ermordet.

Ihre Tochter Mathilde, Klothilde genannt (*04.08.1905 Leiwen), verheiratet mit Hermann Nathans (*25.06.1898 Arnheim/Niederlande), wurde zusammen mit ihrem Mann und ihren Eltern im Spätherbst 1943 verhaftet und deportiert; nach Aussage von Irma Schloss wurden Hermann und Mathilde Nathans im KZ Sobibor ermordet.

Berna Schloss (* 02.03.1909 Leiwen), verheiratet in den Niederlanden, wurde nach Aussage von Irma Schloss in einem KZ (Sobibor ?) ermordet.

Irma Schloss (* 06.08.1907 Leiwen), die einzig Überlebende der Familie, starb am 29.05.1991 in einem Altersheim in Arnheim.

David Schloss (*03.01.1882 St. Paulin/Trier), Sohn des Elias Schloss (*25.09.1850 Leiwen, ✡28.01.1939 Trier) und der Johannetta Bonem (* 21.06.1853 Trittenheim, ✡20.03.1935 Trier), verheiratet mit Jettchen Levy (* 28.05.1896 Bollendorf), wurde am 15.05.1942 in Litzmannstadt ermordet, seine Frau Jettchen am 14.09.1942 in Kulmhof/Chelmno.

Am selben Tag wurden ihre Kinder Manfred (* 01.02.1931 Trier) und Chana (* 25.04.1940 Trier) ebenfalls in Chelmno ermordet.

David Schloss war bis zum 30. September 1938 selbstständiger Kaufmann und Besitzer eines Hauses in Trier, Reckinger Straße 6. Bevor die Familie am 16.10.1941 von Trier aus depor-tiert wurde, musste sie, wie alle deportierten Juden, ihren gesamten Besitz, den sie im Haus zurücklassen mussten, auflisten. Die acht Seiten lange Liste mit den wenigen Habseligkeiten, die ihnen nach den acht Jahren antisemitischer Politik noch geblieben waren, wurde am 14. Oktober von Gendarmen abgeholt. [12]

Ernestine Levy geb. Schloss (*20.03.1883 St. Paulin, Trier), Tochter des Elias Schloss

(*25.09.1850 Leiwen, ✡28.01.1939 Trier) und der Johannetta Bonem (*21.06.1853 Trittenheim, ✡20.03.1935 Trier), verheiratet mit Josef Levy (*13.12.1883 Bonn-Mehlem, ✡vor 25.11.1938); sie lebte im November 1938 als Witwe in Bonn-Mehlem, ✡07.1942 Maly Trostinec (KZ nahe Minsk/Weißrussland).

Karl Schloss (*14.05.1884 St. Paulin, Trier), Sohn des Elias Schloss (*25.09.1850 Leiwen, ✡28.01.1939 Trier) und der Johannetta Bonem (*21.06.1853 Trittenheim, ✡20.03.1935 Trier), am 16.10.1941 nach Theresienstadt deportiert, von dort nach Kulmhof/Chelm-no,✡15.05.1942 Chelmno/Polen.

Seine Frau, Rosalia Schloss geb. Levy (*01.04.1888 Leiwen), am 16.10.1941 nach There-sienstadt deportiert, von dort nach Kulmhof/Chelmno,✡15.05.1942 Kulmhof/Chelmno.

Jakob Schloss (*14.02.1889 St. Paulin, Trier), Sohn des Elias Schloss (*25.09.1850 Leiwen, ✡28.01.1939 Trier) und der Johannetta Bonem (*21.06.1853 Trittenheim, ✡20.03.1935 Trier), 21.06. bis 07.02.1939 Sachsenhausen, am 01.03.1943 nach Auschwitz deportiert, dort am 03.03.1943 ermordet.

Heinrich Schloss (*22.02.1894 Trier), Sohn des Elias Schloss (*25.09.1850 Leiwen, ✡28.01.1939 Trier) und der Johannetta Bonem (*21.06.1853 Trittenheim, ✡20.03.1935 Trier), am 24.04.1942 nach Izbica/Polen deportiert, Mitte Mai 1942 in Belzec ermordet.

Seine Frau, Margot Schloss geb. Levy (*20.09.1908 Aach), ebenfalls am 24.04.1942 nach Izbuca/Polen, im Mai 1942 nach Belzec, Mitte Mai in Belzec ermordet.

7. Rückerstattung und Wiedergutmachung

Zu Rückerstattungsprozessen zwischen ehemaligen Leiwener Juden oder jüdischen Orga-nisationen mit Leiwener Familien liegen im Landeshauptarchiv Koblen 93 Mappen, deren Einsichtnahme jedoch noch auf Jahre hinaus gesperrt ist. Lediglich in einem Fall wurde mir Akteneinsicht gewährt: in den Prozess um den Verkauf des Hauses der Familie Salomon Schloß im Jahre 1935 an einen Leiwener Winzer. Der sich fast zehn Jahre hinziehende Prozess endete mit einer Nachzahlung an die Kägerin, Irma Schloss. Im Rahmen des Rückerstattungsgesetzes vom 19.07.1957 bzw. des Kriegsfolgegesetzes vom 08.11.1957 der Bundesrepublik Deutschland wurden dem Winzer die ihm entstandenen Nachzahlungen und Prozesskosten erstattet.

8. Begegnungen nach 1945

Schon bald nach dem Ende des Krieges begann man, sich – Juden und befreundete Nichtjuden – zu schreiben und auch wieder zu besuchen. Was empfinden Menschen, wenn sie an ihre „alte Heimat“ Leiwen denken? Kurz: sie empfinden Bitterkeit und Wehmut. „Der Blitz hätte dreinschlagen und uns und die verdammten Nazis erschlagen müssen“, schreibt voll Schmerz und Verbitterung Moses Schloss, den man gezwungen hatte, die Kultgegenstände aus der Synagoge zu verbrennen.

Nach Leiwen kann ich nicht mehr kommen, ich möchte nicht einmal mehr erinnert werden an den Ort, an dem meine Eltern „so gemein“ behandelt wurden, schreibt eine Jüdin. Es gibt aber auch diejenigen, die Leiwen nicht vergessen können, die Leiwen noch als „Heimat“ empfinden, wenn auch als verlorene Heimat, die es schmerzt, Leiwen nicht noch einmal sehen zu können, weil sie zu alt und gebrechlich sind.

Die Juden, die in Leiwen geboren waren und bisher nach Leiwen kamen, konnten eine gewisse Beklemmung nicht verbergen. Claude Schloss, der 1962 mit seiner Frau die Familie besuchte, die sein Elternhaus gekauft hatte, schrieb mir: sie seien freundlich aufgenommen worden, man habe sie aufmerksam und gastfreundlich behandelt und alles getan, um sie hier heimisch fühlen zu lassen. Auf dem Wege zum Friedhof habe er mit mehreren Leiwenern gesprochen, alle seien sehr freundlich gewesen, und doch habe er das Gefühl nicht loswerden können, dass man ihn lieber vom Rücken her gesehen hätte. Er habe daher nie mehr das Bedürfnis gehabt, Leiwen zu besuchen.

Die Juden, die Leiwen besuchten, lieber „vom Rücken“ zu sehen, d.h. froh zu sein, wenn sie wieder weg waren, ist ein allzu menschliches Verhalten. Die Konfrontation mit der Vergangenheit hatte den einen oder anderen doch unangenehm berührt und ihm ein schlechtes Gewissen bereitet, so dass er erst wieder Ruhe zu finden glaubte, wenn die Besucher ihm den Rücken gekehrt hatten.

Die Kinder und Enkel, die in den letzten Jahren nach Leiwen kamen, waren etwas unbefangener; sie wollten den Ort kennenlernen, in dem ihre Eltern bzw. Großeltern gelebt hatten, und sie wollten die Gräber ihrer Angehörigen auf dem Friedhof besuchen.

Was ist geblieben von der ehemaligen jüdischen Gemeinde in Leiwen? Was bleibt? Kurz: es ist die Erinnerung. Und die ist es, die wach gehalten werden muss. Es gilt, bewusst mit der Vergangenheit zu leben, damit sich Verbrechen, wie die der Verfolgung und Ermordung der Juden – und nicht nur die der Juden – nicht wiederholen. Diese Tafel, eingebettet in die Ausstellung „Jüdisches Leben in und um Schweich“, ist, wenn auch ein bescheidenes ein Beispiel dafür, wie man Erinnerung wachhalten kann.

Quellen

1
18.10.1589. Josef Scotti: Sammlung der Gesetze und Verordnungen, welche in dem vormaligen Churfürstentum Trier über Gegenstände der Landeshoheit, Verfassung und Rechtspflege ergangen sind. Düsseldorf 1832, Teil I, S. 541.
2
Juden in Trier. Katalog einer Ausstellung von Stadtarchiv und Stadtbibliothek. Trier 1988, S. 59.
3
Bistumsarchiv Trier, Abt. 105, Nr. 882.
4
Standesamtsregister der Bürgermeisterei Leiwen, aufbewahrt auf dem Standesamt der VG Schweich.
5
Landeshauptarchiv Koblenz (im Folgenden zitiert: LHAK), Best. 655,178: Klüsserath, Nr. 430.
6
Die Pogromnacht in Leiwen nach Zeugenaussagen, Juden und Nichtjuden, sowie nach Gerichtsakten der Strafkammer des Landgerichts Trier aus dem Jahre 1950, zur Verfügung gestellt – unter Löschung der Namen – von: Central Archives for the History of the Jewish People in Yad Vashem, Jerusalem und einer Abschrift des Prozesses vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Trier vom 9. Mai 1950, in: Landesamt für Finanzen – Amt für Wiedergutmachung Saarburg (im Folgenden zitiert: AfW), Nr. C/71 (Akte Moses Schloß) mit vollständiger Nennung der Namen.
7
Quellen und Hinweise zur Emigration der Leiwener Juden:
Landesamt für Finanzen – Amt für Wiedergutmachung Saarburg.
Familienbuch Leiwen 1780–1900 mit Thörnich (1720–1900) und Köwerich (1798–1900). Bearbeitet von Richard Schaffner. Köln 2012.
OMEGA – Organisationsmedium für genealogische Anwendungen: Juden im Trierer Land. Zeitpunkt der Erstellung: 08.03.2013.
Verzeichnis der jüdischen Einwohner der Stadt Trier. November 1938–Juni 1943 (Dokumentation, Bd. 7, S. 207–26.
Briefwechsel mit ehemaligen Leiwener Juden und ihren Nachkommen.
Mitteilungen von Frau Susanne Kohl, Leiwen und Herrn Wolfgang Appell, Erlangen.
8
Josef Mergen: Die Amerika-Auswanderer aus dem Landkreis Trier, Metzdorf 1952.
9
AfW, Nr. C/71.
10
Benutzte Literatur:
Eberhard, Pascale (Hrsg.): Der Überlebenskampf jüdischer Deportierter aus Luxemburg und der Trierer Region im Getto Litzmannstadt. Saarbrücken 2012.
Familienbuch Leiwen 1780–1900 mit Thörnich (1720–1900) und Köwerich (1798–1900). Bearbeitet von Richard Schaffner. Köln 2012.
Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945.
OMEGA – Organisationsmedium für genealogische Anwendungen: Juden im Trierer Land. Zeitpunkt der Erstellung: 08.03.2013.
Trier vergisst nicht. Gedenkbuch für die Juden aus Trier und dem Trierer Land. Hrsg. vom Stadtarchiv Trier Redaktion Dr. Reiner Nolden. Trier 2010.
Verzeichnis der jüdischen Einwohner der Stadt Trier. November 1938–Juni 1943 (Dokumentation, Bd. 7, S. 207–26.
11
Stolpersteine erzählen. Ein Wegbegleiter zu den Mahnmalen für Nazi-Opfer auf den Bürgersteigen der Stadt Trier. Hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft Frieden e. V. Trier. Trier, 1. Auflage 2008, S. 61.
12
Pascale Eberhard (Hrsg.): Der Überlebenskampf jüdischer Deportierter aus Luxemburg und der Region Trier, S. 43. Akte David Schloss im LHAK, Best. 571, Nr. 22148.