Grenzübergreifende Zusammenarbeit

Die AG „grenzenlos gedenken“


Seit dem Jahr 2019 ist eine grenzübergreifende Initiative zur Gedenkarbeit entstanden. In der Arbeitsgemeinschaft „grenzenlos gedenken“ arbeiten Vertreter*innen deutscher und luxemburgischer Institutionen und Einrichtungen sowie interessierte Einzelpersonen zusammen. Die Bemühungen der AG „grenzenlos gedenken“ gehen dahin, den 16./17. Oktober als regionalen Gedenktag an den Deportations-Transport „Da 3“ von Luxemburg über Trier nach Litzmannstadt zu etablieren. Jährlich finden dazu auf deutscher und luxemburgischer Seite verschiedene Gedenkfeiern und Veranstaltungen statt, insbesondere auch mit der Beteiligung von Schüler*innen.

Gedenkprogramm in Erinnerung an den Deportationszug Da3 von Luxemburg über Trier ins Ghetto Litzmannstadt am 16.-18. Oktober 1941

Trier/Luxemburg. In Erinnerung an den dritten Deportationszug Da3 Nazi-Deutschlands von Luxemburg über Trier ins Ghetto Litzmannstadt am 16.-18. Oktober 1941 hat die deutsch-luxemburgische Arbeitsgemeinschaft „grenzenlos gedenken“ ihr Gedenkprogramm veröffentlicht. Verschiedene Veranstaltungen in Deutschland und Luxemburg wollen an die 513 Jüd*innen aus der Großregion erinnern, von denen nur 13 das Ghetto und die Vernichtungslager überlebten.

Hintergrund: Der Deportations-Transport von Luxemburg ins Ghetto Litzmannstadt

Am 17. Oktober 1941 verließ gegen ein Uhr nachts ein Zug den Hauptbahnhof in Luxemburg. Nach Wien und Prag war dies der dritte Deportations-Transport Nazi-Deutschlands ins Ghetto Litzmannstadt im besetzten polnischen Łódź. Er hatte die Bezeichnung „Da 3“ und war der erste aus dem Westen. Ihm sollten in den nächsten Jahren weitere folgen. Etwa die Hälfte der 323 betroffenen Menschen aus Luxemburg lebte in der Hauptstadt. Auch 21 Jüdinnen und Juden aus dem Sammellager Cinqfontaines/Fünfbrunnen waren in diesem Zug.

Zum Ablauf des Transports gibt es unterschiedliche Quellen. Die deutsche Besatzungsmacht ließ in der Presse verlauten, bei einem Zwischenhalt in Trier seien weitere 190 jüdische Menschen hinzugekommen. Erklärungen der Überlebenden Josy Schlang (Luxemburg) und Josef Ermann (Veldenz/Mosel) sowie jüngst gefundene Dokumente der jüdischen Gemeinde in Luxemburg zeigen aber, dass diese am Nachmittag/Abend des 16. Oktober nach Luxemburg gebracht wurden. Die Gestapo hatte angeordnet, dass sich die 190 Menschen am 16. Oktober um 14:00 Uhr im Bischof-Korum-Haus in Trier einzufinden hatten. Die meisten von ihnen wohnten in Trier-Stadt und Umgebung, 11 kamen aus der Stadt Wittlich, etwa 60 von ihnen lebten in Hunsrück- und Moseldörfern des Kreises Bernkastel.

Sowohl die in Luxemburg lebenden Juden als auch die aus dem Großraum Trier durften lediglich einen Koffer pro Person (max. 50 kg), Bettzeug und zwei Decken, Bekleidung nur soweit sie am Körper getragen werden konnte, Bargeld pro Person bis 100 Reichsmark und Verpflegung mitnehmen. Schmuckgegenstände waren bis auf den Ehering verboten. Die Wohnungen waren zu verschließen und die Schlüssel bei der Sicherheitspolizei (SiPo) abzugeben. Ein Nichterscheinen wurde mit schärfsten staatspolizeilichen Mitteln geahndet.

Am 18. Oktober 1941 erreichte der Zug um 14:30 Uhr Radegast, den Vieh- und Verladebahnhof von Łódź. Nur 13 der 513 Jüdinnen und Juden überlebten das Ghetto und die Vernichtungslager Chelmno und Auschwitz-Birkenau, in die die meisten in der Folgezeit deportiert wurden.

Gedenkveranstaltungen 2022

Die offiziellen Gedenkfeiern werden am 14. Oktober stattfinden –  um 11 Uhr im Luxemburger Hauptbahnhof und um 14 Uhr im Trierer Hauptbahnhof. Im Fokus stehen in diesem Jahr die mehr als 100 Kinder und Jugendlichen, die im Da3 waren. Eine neu konzipierte Wanderaustellung, die an beiden Bahnhöfen gezeigt wird,  stellt sechs dieser Jugendlichen vor. In Trier wird die Ausstellung dann vom 14. bis zum 21. Oktober 2022 im Bahnhof zu sehen sein. Als Wanderausstellung kann sie anschließend in Schulen und an anderen Orten genutzt werden. Sie soll vor allem Schüler*innen dazu motivieren, die Biografien dieser Menschen näher zu erforschen. Auf der Website www.grenzenlos-gedenken.eu werden alle Namen der Deportierten in einer Datenbank erfasst und weitere Informationen zu deren Biografien veröffentlicht.

Während der kommenden Wochen finden weitere Gedenkveranstaltungen u.a. in Medernach, Remich, Ettelbrück, Cinqfontaines/Fünfbrunnen und Wittlich statt, Info hier…

Im vergangenen Jahr hat die AG grenzenlos gedenken die Informationsbroschüre “Die Fahrt in den Tod” herausgegeben. Sie ist vor allem für den Einsatz in den Schulen gedacht und kann auch digital auf der Website www.grenzenlos-gedenken.eu heruntergeladen werden.

Weitere Infos und Kontakt: www.grenzenlos-gedenken.eu ; mail@grenzenlos-gedenken.eu


Hintergrund: Der Deportations-Transport von Luxemburg über Trier nach Litzmannstadt vom 16./17. Oktober 1941
Am 17. Oktober 1941 verließ gegen ein Uhr nachts ein Zug den Hauptbahnhof in Luxemburg.
Darin waren 323 jüdische Menschen. Die Geheime Staatspolizei hatte verfügt, dass sie sich am Vortag am Hauptbahnhof im Gebäude der Zollverwaltung einzufinden hätten. Knapp die Hälfte der betroffenen Juden aus Luxemburg kam aus der Hauptstadt: die aus weiter entfernt gelegenen Orten wurden dorthin transportiert. Auch 21 Juden aus dem Sammellager Cinqfontaines/Fünfbrunnen waren in diesem Zug. Nach Wien und Prag war dies der dritte Deportations-Transport Nazi-Deutschlands ins Ghetto Litzmannstadt im besetzten polnischen Lodz. Er hatte die Bezeichnung „Da 3“ und war der erste aus dem Westen.
Auf seinem Weg nach Litzmannstadt hielt der Zug u. a. in Trier. Hier kamen in der Nacht weitere 189 jüdische Menschen hinzu. Die Gestapo hatte angeordnet, dass diese sich am 16. Oktober um 14:00 Uhr im Bischof-Korum-Haus in Trier einzufinden hätten. Die meisten der betroffenen deutschen Juden wohnten in Trier-Stadt und Umgebung, einer kam aus der Nähe von Welschbillig, 11 aus der Stadt Wittlich. 60 von ihnen lebten in Hunsrück- und Moseldörfern des Kreises Bernkastel. Letztere brachte die Gestapo mit der Moselbahn nach Trier. Dieser Zug verließ Bernkastel am 16. Oktober um 11:16 Uhr und erreichte Trier um 13:17 Uhr. Die 27 Juden aus den Hunsrückgemeinden wurden mit dem Omnibus nach Bernkastel gebracht, ihr Gepäck mit einem Lastkraftwagen. Eine vierköpfige Familie aus Veldenz musste zur Bahnstation Mülheim kommen – wie die anderen zu ihrer jeweils nächstgelegenen Bahnstation.
Sowohl die in Luxemburg lebenden Juden als auch die aus dem Großraum Trier durften lediglich einen Koffer pro Person (max. 50 kg), Bettzeug und zwei Decken, Bekleidung nur soweit sie am Körper getragen werden konnte, Bargeld pro Person bis 100 Reichsmark und Verpflegung für vier bis fünf Tage mitnehmen. Schmuckgegenstände waren bis auf den Ehering verboten. Lebensmittelkarten mussten vor der Abfahrt abgegeben werden. Die Wohnungen waren zu verschließen und die Schlüssel bei der Sicherheitspolizei (SiPo) abzugeben. Ein Nichterscheinen wurde mit schärfsten staatspolizeilichen Mitteln geahndet.
1Am 18. Oktober 1941 erreichte der Zug um 14:30 Uhr Radegast, die Bahnstation in Lódz. Nur 15 der 512 Menschen überlebten das Ghetto und die Vernichtungslager.

Gedenkveranstaltungen und Projekte
In zeitlicher Nähe zum 16./17. Oktober finden jährlich verschiedene Gedenkfeiern und Veranstaltungen auf deutscher und luxemburgischer Seite statt, insbesondere auch mit der Beteiligung von Schüler*innen.

2019: Schüler*innen gedenken der Deportierten
Link zu Veranstaltung:
https://juedisches-leben-vgschweich.de/test-veranstaltungen/veranstaltungen-2019/
http://www.sag-schweich.de/mediapool/98/987063/data/GrenzenlosGedenken.pdf

Am Vormittag des 16. Oktober 2019 gedachten etwa 100 Schüler*innen des Stefan-Andres-Gymnasiums in Schweich der Deportierten. Die Gedenkveranstaltung begann auf dem Schulhof mit der Verlesung der Namen der 26 deportierten Jüd*innen aus dem Gebiet der heutigen VG Schweich. Vom Schulhof aus zogen die Schüler*innen mit Koffern zur
ehemaligen Syngoge. Dort wurde stellvertretend für die vielen jüdischen Schicksale die Lebensgeschichte der Familie Kahn verlesen, musikalisch umrahmt von Schüler*innenbeiträgen. Anschließend besuchten die Schüler*innen den jüdischen Friedhof Schweich und legten nach altem jüdischen Brauch Steine auf den Grabsteinen nieder.

2020: Einweihung des Mahnmals für die deportierten jüdischen Bürger*innen in Trier

Fotos: Judith Schwickerath

Am 16. Oktober 2020 wurde an der Ecke des Platzes des ehemaligen Bischof-Korum-Hauses in Trier ein Mahnmal zur Erinnerung an die deportierten jüdischen Bürger*innen aus Trier und der Region eingeweiht. Das Mahnmal, das vom Kunsthistoriker Ralf Kotschka initiiert und entworfen wurde, ist ein Reisekoffer aus Bronze. Neben dem Koffer ist eine Tafel mit einem kurzen Sachtext und dem Gedicht „Des Unschuldigen Schuld“ der aus Trier stammenden jüdischen Dichterin Gerty Spies angebracht.


Des Unschuldigen Schuld
von Gerty Spies


Des Unschuldigen Schuld
Wo beginnt sie?
Sie beginnt da,
Wo er gelassen,
mit hängenden Armen
Schulterzuckend daneben steht,
Den Mantel zuknöpft,
Die Zigarette anzündet
Und spricht:
Da kann man nichts machen.
2Seht, da beginnt
Des Unschuldigen Schuld.


Gerty Spies, geb. Gumprich, 1897 Trier – 1997 München, Überlebende des Konzentrationslagers Theresienstadt


2021: Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der Deportationen in Trier

Anlässlich des 80. Jahrestags der Deportationen fand am Abend des 16. Oktobers 2021 eine Gedenkveranstaltung am Hauptbahnhof in Trier statt. Mit Einbruch der Dunkelheit wurde an das Heitkamp-Haus gegenüber des Hauptbahnhofs eine Fassadenprojektion projiziert, bei der die Namen und ausgewählte Fotos der 513 deportierten Menschen gezeigt wurden; historische Filmaufnahmen waren begleitet von atemraubender Musik. Die Gedenkveranstaltung endete mit dem Kaddisch.

TV-Artikel vom 07.12.2021 (Vergrößern: bitte anklicken)


Anlässlich des 80. Jahrestags der Deportation jüdischer Bürger*innen aus der Großregion Luxemburg-Trier nach Litzmannstadt hat die Arbeitsgemeinschaft grenzenlos gedenken eine illustrierte Informationsbroschüre herausgegeben. Neben historischen Informationen zum jüdischen Leben im deutsch-luxemburgischen Grenzgebiet vor 1933 und der Verfolgung und Entrechtung jüdischer Menschen nach 1933 liegt der Schwerpunkt der Broschüre auf dem Deportationszug Da3 – dem dritten Deportations-Transport Nazi-Deutschlands ins Ghetto Litzmannstadt. Zeitdokumente, Bilder und Auszüge aus den Biografien von Menschen aus dem Da3 wollen dazu anregen, sich mit der regionalen Geschichte auseinanderzusetzen, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander zu verbinden und einen Beitrag zur Stärkung der Demokratie und gegen nationalistische Ideologien und Rassismus leisten.
Dank der großzügigen Förderung und Unterstützung verschiedener Institutionen aus Deutschland und Luxemburg kann die Broschüre kostenfrei an Interessierte, insbesondere Schulklassen, verteilt werden (auch Klassensätze sind möglich).
Bei Interesse können Sie sich gerne melden unter mail@grenzenlos-gedenken.eu.
Exemplare können auch nach Rücksprache bei Pastoralreferentin Judith Schwickerath im Büro in der Oberstiftstr. 63 in Schweich abgeholt werden
Des Weiteren befindet sich derzeit eine Website im Aufbau, die als Ergänzung zur Broschüre die geschichtlichen Ereignisse dokumentiert sowie zukünftig die Namen und Biografien aller Deportierten umfassen soll.
Über den folgenden Link gelangen Sie zur Website: http://www.grenzenlos-gedenken.eu/

Seit dem Jahr 2019 sind grenzübergreifende Initiativen zur Gedenkarbeit in der Entwicklung insbesondere mit unserem Nachbarland Luxembourg. Diese Initiativen werden in Zukunft hier dokumentiert.